“Manchmal genügt ein Duft, und eine Welt öffnet sich”
“Lea Winter wuchs ohne Eltern auf. Sie steckt all ihre Einsamkeit und Energie in ihre kleine Chocolaterie in Würzburg und in die Erfindung außergewöhnlicher Trüffel und Pralinen. Bis zu diesem November, der ihr Leben für immer verändern wird. Ihre Vermieterin kündigt ihr fristlos, und der Versuch, die Chocolaterie zu retten, setzt eine Geschichte in Gang, in der Lea nicht nur ihre verloren geglaubte Mutter wiederfindet, sondern auch einem langverdrängten Familiengeheimnis auf die Spur kommt. Zum Glück gibt es noch Alessandro, dessen ganz besonderer Duft nach Orangen, Basilikum und Zedernholz Lea eine ungeahnte Sehnsucht spüren lässt …”
“Ich verkroch mich mit dem Tee ins Bett und wartete, dass das Zittern aufhörte. Nicht einmal der Geruch der frisch gewaschenen Bettwäsche nahm ich wahr. Trotzdem hatte ich diesen Duft riechen können, dieses frische, grüne Aroma mit der holzigen Note, das mich an irgendetwas erinnerte. Seufzend streckte ich den Arm unter der wärmenden Decke hervor und nahm das gerahmte Bild meiner Eltern vom Nachttisch.
Für meinen Vater stellte nicht die Nase, sondern die Zunge, das wichtigste Arbeitsinstrument dar. Sein unübersehbarer Bauch zeugte von seiner gewissenhaften Arbeit. Meine Mutter war noch so jung. Eine blonde Elfe, feingliedrig, zart wie ein Lufthauch. Ich hingegen habe die braunen Locken meines Vaters geerbt, das runde Gesicht und Füße, mit denen man fast auf dem Boden stehen kann.
Ich erinnerte mich kaum an meine Mutter. Nur dass sie Schwäne geliebt hatte, wusste ich noch. Wenige Tage nach der Aufnahme des Bildes war meine Mutter aus unserem Leben verschwunden.”
Kleines Fazit:
“Nie werde ich vergessen, wie ich das erste Mal einen Finger in die geschmolzene Schokolade steckte. Ich dachte, sie wäre sehr heiß, weil mein Vater den Topf so lange auf dem Herd stehen ließ. […] Als ich ihn in den Mund steckte, eröffnete sich mir eine wunderbare Welt. Es war, als ob ich den Duft, in dem ich lebte, essen mir einverleiben, als ob er ein Teil von mir werden würde. Sein Geschmack war voller Glück, Liebe und Verheißung. Mein Vater flüsterte mir ins Ohr, dass in der Schokolade Geheimnisse versteckt seien und ich nie aufgeben solle, sie zu entschlüsseln. […]”
Mit Novemberschokolade schrieb Ulrike Sosnitza ihr Debütroman bei Heyne und versetze mich sofort in die Welt der Chocolatiere. Durch die sehr gute Einführung in die ersten Szenen um Lea und die weiteren Protagonisten war ich direkt in der Geschichte drin. Durch die fristlose Kündigung der Wohnung, der Werkstatt und der Verkaufsräume der “Chocolatiere Winter” begann ein toller Spannungsbogen, der sich mit einem netten, gut riechenden jungen Mann aus dem gegenüberliegenden Italiener und einer Überraschung bei dem Ausschreiben für die beste Schwanenpraliene nur verstärkte.
Die Auflösung des bereits im Klappentext erwähnte Familiengeheimnis kam für mich überraschend, bravo dafür, allerdings fand ich es “schon ganz schön krass”.
Das Ende war für meinen Geschmack zu sehr “Happy End”. Kann man wirklich so schnell alles verzeihen? Das Ende hat mir als einziges leider nicht ganz zugesagt. Es war zu viel happy, zu rund im Abschluss. Ansätze eines Verzeihens bzw. Happy Ends wären für mich realistischer gewesen.
“Wie damals rührte ich in einem Topf flüssiger Schokolade. Vorsichtig goss ich Sahne dazu und wartete auf den Moment, in dem sich die lakritzartigen Geschmackstöne des Kakaos mit dem milchigen Duft der Sahne vermischen.”
Unwiderstehlich war die Kulinarik im Buch! Die Schokolade, die verschiedenen Pralinen und Trüffel, mit tollen Inszenierungen, bescherten mir ständig Knabberlust. Die Beschreibungen und Einsätze waren hervorragend ausgearbeitet gewesen.
“Den Geheimnissen in der Schokolade auf die Spur kommen. Das hatte mein Vater damals gesagt, ohne selbst ahnen zu können, was für ein Geheimnis darin verborgen lag.”
Auch wenn mich das Ende nicht zufrieden stellte, kann ich dieses Buch absolut weiterempfehlen.
“Ulrike Sosnitza, 1965 in Darmstadt geboren, ist seit ihrer frühesten Jugend schokoladensüchtig. Die frühere Bibliothekarin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Würzburg. Novemberschokolade ist ihr erster Roman bei Heyne.”
Erwähnte Gerichte:
- Schwanenpralinen in diversen Ausführungen
- Ganache für Kürbistrüffel / Kürbispralinen